Dies ist eine Übersicht über den Vortrag meiner Kommilitonen. - Das nachfolgende Handout ist ebenfalls von Ihnen erstellt.
Die Impulse sind von unserem Dozenten.

Der Vortrag untersuchte digitale Kunst als mehrdimensionale ästhetische Erfahrung – im Spannungsfeld zwischen Teilhabe, Kontrolle und Reflexion im postdigitalen Zeitalter. Kunst erscheint hier nicht allein als Werk oder Objekt, sondern als Beziehungsgeflecht zwischen Menschen, Dingen und Systemen. Begriffe wie Performativität, Partizipationsästhetik und Interaktionsästhetik unterstreichen die Handlungsdimension digitaler Kunst. 

Historische Entwicklung der Teilhabe

Die Entwicklung partizipativer Kunstformen lässt sich historisch nachzeichnen:

  • Bereits im 19. Jahrhundert erste prozesshafte Ansätze.

  • In den 1960er-Jahren rückten Happenings und Fluxus die Interaktion ins Zentrum.

  • In den 1980er- und 1990er-Jahren wurde mit Video- und Computerkunst die technische Interaktivität zentral.

  • Seit den 2000er-Jahren prägen internetbasierte kollaborative Praktiken das Feld.

Digitale Kunst kann somit als relationale Praxis verstanden werden, die soziale Interaktion und digitale Netzwerke verknüpft.

Ambivalenzen digitaler Teilhabe

Zeitgenössische digitale Partizipation ist oft ambivalent. Likes, Shares und Klicks suggerieren Mitbestimmung, folgen jedoch primär Plattform-Logiken. Teilhabe wird zur Performance in kontrollierten Systemen – „Jeder Klick ist Performance“. Künstlerische Positionen reagieren darauf mit Ironisierung, Überzeichnung oder Systemkritik, die die Illusion echter Mitgestaltung offenlegen.

Post-Partizipation als kritischer Raum

Der Begriff der post-partizipativen Kunst verweist auf eine Praxis, die Partizipation nicht abschafft, sondern reflektiert und dekonstruiert. Dabei rücken Fragen in den Vordergrund:

  • Wer nimmt teil – und wie freiwillig?
  • Wann wird Beteiligung zur Inszenierung?

  • In welchem Maße ist Teilhabe in kommerzielle Systeme eingebunden?

Postdigitale Kunst formuliert damit eine kritische Haltung, die nicht technikzentriert, sondern an gesellschaftlichen Prozessen orientiert ist.

Akteur-Netzwerke

Anknüpfend an die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) von Bruno Latour und Michel Callon wurde deutlich, dass nicht nur Menschen, sondern auch Dinge, Technologien und Systeme als aktive Handlungsträger („actants“) wirken. Digitale Kunst reflektiert, dass Nutzer:innen nicht ausschließlich Gestalter:innen, sondern zugleich Teil komplexer Beobachtungs- und Kontrollsysteme sind.

Künstlerisches Beispiel: LAUREN von Lauren Lee McCarthy

In dieser Arbeit setzt sich Lauren Lee McCarthy mit den Auswirkungen von Überwachung, Automatisierung und algorithmisch geprägten Lebensweisen auseinander. Dafür inszenierte sie eine menschliche Version von Amazon's Alexa: Über installierte Kameras, Mikrofone und smarte Geräte kommunizierte sie für mehrere Tage mit den freiwilligen TeilnehmerInnen in deren eigenen Wohnungen. Sie versuchte dabei permanent präsent zu sein und reagierte auf Sprachbefehle, aber auch auf persönliche Bedürfnisse – nicht wie eine Maschine es tuen würde, sondern in der Absicht eine tatächliche Verbindung aufubauen als menschliche Assistenzfigur.

Das Werk soll die Ambivalenz von Kontrolle und Fürsorge, von der Preisgabe von Privatsphäre und der Sehnsucht nach Nähe widerspiegeln. Es untersucht die Bereitschaft von Menschen, private Räume und intime Momente an eine „andere Instanz“ abzugeben, sei es eine KI oder – wie hier – die Künstlerin selbst. Damit reflektiert McCarthy aktuelle Fragen nach dem Wert menschlicher Beziehungen, nach den kulturellen Bedingungen von Vertrauen in Technik und nach den Grenzen von digitaler Intimität.

"Wie würdet ihr euch dabei fühlen, wenn ihr selber Teil dieser Aktion wärt?"

Wenn ich selbst Teil von „LAUREN“ wäre, würde ich mich vermutlich ziemlich unangenehm fühlen. Schon in meinem normalen Alltag habe ich das Gefühl, mich unterbewusst ständig ein Stück weit zu moderieren, sobald andere Menschen anwesend sind. Mit einer fremden Person, die mich permanent über Kameras und Mikrofone beobachtet, würde dieser Druck noch stärker werden. Ich hätte den Eindruck, immer eine Art Performance abliefern zu müssen – und ich weiß, dass ich mich dabei schnell ausgebrannt fühlen würde, wenn ich keinen privaten Rückzugsort mehr hätte.

Gleichzeitig finde ich den Gedanken auch spannend. Immer eine Person dabei zu haben, könnte vielleicht auch ein Gefühl von Sicherheit erzeugen. Wenn mir zum Beispiel etwas passiert – etwa, dass ich mich verschlucken würde, dabei am ersticken wäre - und allein nicht mehr reagieren könnt – dann wäre jemand da, der Hilfe rufen könnte.

Für mich liegt genau darin die Ambivalenz des Projekts: Zwischen Überwachung, Kontrolle und Fürsorge. Wahrscheinlich würde ich beides erleben – Beklemmung und Selbstzensur auf der einen Seite, aber auch Erleichterung und Nähe auf der anderen. Und gerade dieser Widerspruch macht „LAUREN“ für mich so interessant, weil er mich zwingt, meine eigene Haltung zu Privatheit, Überwachung und digitaler Fürsorge kritisch zu hinterfragen.

Fazit

Der Vortrag eröffnete eine vielschichtige Perspektive auf digitale Kunstpraktiken und ihren gesellschaftlichen Einfluss. Besonders hervorzuheben ist die Verbindung zwischen historischen Konzepten wie Fluxus und heutigen Formen der scheinbaren Partizipation im Netz. Die Einführung des Begriffs der post-partizipativen Kunst bietet einen produktiven Reflexionsraum, um digitale Teilhabe kritisch zu betrachten. Besonders spannend fand ich dabei die Analyse des Spannungsfelds zwischen Empowerment und Kontrolle sowie die theoretische Einbettung in eine kritische Medienkunstperspektive. 

PPP:

Impulse:

Die hier gezeigten Inhalte sind von den jeweiligen Vortragenden und von unserem Dozenten erstellt.


Bildquelle

1: LAUREN

Weitere Quelle

Frankfurter Kunstverein. (2017). LAUREN. URL: https://www.fkv.de/lauren-lee-mccarthy-lauren/. (Letzter Zugriff: 30.04.2025)

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.